Power, Institutions and Factions in German Protestantism
In der evangelischen Theologie in Deutschland bildeten sich um 1830 die beiden Schulen heraus, die in den folgenden Jahrzehnten prägend sein sollten: Die Vermittlungstheologie mit ihrem Programm einer Versöhnung von Glauben und Vernunft und das Neuluthertum, das eine Verpflichtung auf die Bekenntnisschriften des 16. Jahrhunderts als Bollwerk gegen die destruktiven Kräfte der Moderne forderte. Insbesondere in Preußen waren die Auseinandersetzungen um die Union und Konfession ein Hauptthema der Kirchenpolitik; lutherischer Widerstand verhinderte alle Ansätze zu einer größeren innerprotestantischen Gemeinschaft. In Fragen der Kirchenverfassung blieben Bestrebungen um größere Selbständigkeit der evangelischen Kirchen lange unerfüllt, bis zunächst in Baden und 1873-1876 in Preußen die Mitwirkung von Synoden an den Entscheidungen durchgesetzt wurde. In den Synoden bildete sich die Positive Union als neue dominierende Kirchenpartei heraus, bis die Entmachtung der „Hofpredigerpartei“ im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts ihrer Vorherrschaft ein Ende bereitete.